Ingrid Schiller sitzt im hüfthohen Gras. Nur ihr Gesicht ist zwischen dem satten Grün und den zarten Blüten darin zu sehen.
Eine Armlänge von ihr entfernt steht ein Pony vor einem knalligen Hintergrund in Pink und Gelb. Diese Szene hat etwas Surreales, Traumhaftes. Das Pony
ist nicht echt, sondern steht nur als Motiv auf einer Leinwand im Garten. Dieses Motiv ist wie geschaffen für den
magischen Ort, an dem der Fotograf Willi Mulfinger auf den Auslöser gedrückt hat: Dem Garten von Irmgard Schiller. Er ist ein verwunschenes Plätzchen, an dem die Natur Regie führen darf. Jetzt sind die Künstlerin Ingrid Schiller, ihr Garten und
ihre Kunst zu einer Einheit geworden. Denn Schillers Garten und ihre Werke haben ihren Nachbarn, den Fotografen
Willi Mulfinger, zu einem besonderen Projekt inspiriert: „Kunst und wilde Natur“ heißt die Porträtserie, die der Oberurseler Fotografjetzt gemeinsam mit Ingrid Schiller als Fotobuch herausgebracht hat.
Herzstück des Bildbands sind die expressiven, farbintensiven Kunstwerke von Ingrid Schiller und deren außergewöhnliche
Präsentation. Die Werke hat Schiller im vergangenen Sommer unter dem Motto „Curiosità“ (Neugierde) in der Alten
Wache in Oberstedten ausgestellt. Entstanden ist die Porträtserie, die Willi Mulfinger im Garten der Malerin fotografiert hat. „Als ich die Bilder
in der Ausstellung gesehen hatte, war ich sofort von ihnen fasziniert. Die Farben, die Ingrid Schiller verwendet, hauen
einen richtig um“, erklärt der Oberurseler
Auch wenn Mulfinger und Schiller schon länger Nachbarn sind, kam der Kontakt der beiden Kreativen erst durch die
Ausstellung zustande. „Ich habe den Garten immer nur von außen gesehen und konnte die Blütenpracht nur erahnen“, sagt er. Als Mulfinger, der schon 120 Länder bereist und viele beeindruckende Landschaften, sei es in Indien, Japan oder Spitzbergen
gesehen hat, kam bei seinem ersten Besuch in Schillers Idylle in Grün aus dem Staunen nicht mehr heraus. „Das ist
einfach toll, wie eine geschlossene Welt für sich. Wie ein Dschungel, in dem man gar nicht mehr heraus möchte, weil es überall jede Menge Feinheiten zu entdecken gibt“, sagt er.Sofort kam ihm die Idee, in diesem Naturparadies mit seinen
jahrzehntealten Bäumen und Büschen die Künstlerin mit ihren Gemälden zu porträtieren. Die Idee des Fotoprojektes
„Kunst und wilde Natur“ war geboren.
„Wir haben gemeinsam überlegt, welches Bild an welcher Stelle wie fotografiert werden kann“, erläutert Mulfinger, der früher als Reisejournalist und Fotolektor auf Kreuzfahrtschiffen weltweit unterwegs
war.Seine Idee war, dass der Garten, in dem die Natur dominiert, zur kontrastvollen, aber gleichzeitig stimmigen
Bühne für Schillers Kunst wird. „Das Faszinierendeder Fotografien ist, dass anscheinend aus dem Nichts plötzlich die Werke von Ingrid Schiller aus der Tiefe des natürlichen Raums auftauchen“,Schiller, die sich für die
Porträtserie bewusst zurückhaltend in Schwarz gekleidet hat, wird in den Bildern selbst zum Teil des Gartens. „Alles kommt in Einklang“, fasst Mulfinger das Prinzip seiner Fotoserie
zusammen.
Für ihn ist das Refugium seiner Nachbarin „ein Areal voll wilder, natürlicher Schönheit, das stets zur Entdeckungsreise in eine
anscheinend unberührte Natur einlädt und deren Faszination sich nur wenige entziehen können. So etwas gibt es fast nicht mehr“, schwärmt der Fotograf. „Der Kontrast zwischen der Malerei und
den Bildern, die die Natur geschaffen hat, könnte manchmal nicht größer sein“, meint er. „Aber es ist die Welt der Ingrid Schiller, die sich hier in der Symbiose von Kunst und Natur
präsentiert.“In Schillers grünen Oasen mit ihren unzähligen lauschigen Ecken, Schleichwegen und immer neuen Blickachsen hat Mulfinger, wie er berichtet, mühelos das richtige Setting
gefunden: verzweigte Äste knorriger Bäume, in die er die Bilder aufgehängt hat oder wie als eine Art Vogelnest hineindrapiert hat. Auch inmitten von Büschen mit üppigen Blüten hat er die
Leinwände gebettet oder auf verwitterten Holzbänken aufgestellt. „Alles wirkt miteinander. Die Strukturen abgestorbener Bäume, die Farben der Blüten und das satte Blattgrün und natürlich
auch das Licht, das immer wieder zufällig spontane Räume für die Fotografien geschaffen hat“, berichtet Mulfinger. Die Künstlerin, die jeden Tag in ihrem Garten spazieren geht und die Natur
sich frei entwickelnlässt, ist begeistert vom fertigen Bildband. „Die Porträts sind ganz wunderbar geworden. Das ist ein tolles gemeinsames Projekt, das mich beflügelt und auch stolz macht“,
sagt Schiller. „Durch diese Momentaufnahmen habe ich auch meinen Garten wieder völlig neu entdeckt.“
Wer Interesse an dem Fotobuch hat, kann auf der Homepage www.willimulfinger.de mehr erfahren.